Archiv | Mai, 2014

„Pensum an der Bar so langsam Hochfahren“

15 Mai

Kurz vor seinem Abflug nach Deutschland hat sich joeyseck am Charlotte Airport mit Queens University of Charlotte Hürdenläufer Johannes Riemann zum Interview getroffen. Die NCAA National Championship am 24-26, Mai wurden in diesem Jahr noch knapp verpasst und daher geht es für Johannes Riemann  schon heute Richtung 3 1/2 monatigen Heimaturlaub. Nach 9 Monaten in den USA geht es jetzt von Charlotte, über Atlanta, nach Düsseldorf. Mit dem Abflug aus Charlotte beendet JR auch sein nunmehr drittes Jahr in den USA, und er ist so zusagen in der 70. min. seines 4 Jährigen Aufenthalts angekommen. Was Ihn bewegt, wie er sein erstes Jahr in Charlotte beschreibt, was seine Sommer Pläne sind, und vieles mehr in joeyseck exklusive.

Joeyseck – Jetzt sitzen Sie hier kurz vor dem Rückflug nach Deutschland. Was geht da in einem vor von Charlotte und nicht von Wichita in die Heimat aufzubrechen?

Das sind Gefühle die kann man gar nicht beschreiben.Ich kann mich noch sehr gut an meinen ersten Flug in die USA vor fast drei Jahren erinnern. Damals hatte ich nicht mal den Hauch einer Idee was mich hier drüben erwarten würde und wohin das noch alles führen würde.

Joeyseck – Wie kam es im letzten Sommer zum Wechsel nach Charlotte und was für Gründe waren ausschlaggebend?

Es war Zeit für eine neue sportliche als auch menschliche Aufgabe. Ich wollte mich einer neuen Herausforderung stellen. Denn nach zwei tollen Jahren in Kansas mit zweimaliger NAIA Nationals Teilnahme, war es an der Zeit etwas neues auszuprobieren und da kam das Angebot aus Queens zum genau richtigen Zeitpunkt.

Joeyseck – Wie bewerten sie diesen Schritt im Nachhinein?

Natürlich ist so eine Entscheidung nicht immer einfach. Aber am ende des Tages ist es auch ein Geschäft und man muss auf seine persönliche Entwicklung gucken. Ich habe schweren Herzens Kansas und Bethany verlassen um eine neue sportliche Herausforderung in der NCAA an zunehmen. Das dies vllt. die beste Entscheidung meines Lebens war und jeden Schweisstropfen des letzten Sommers wert war, konnte ich damals noch nicht erahnen. Doch sowohl sportlich als auch privat war es die absolut richtige Entscheidung nach BuzzCity (Anm. d. Red: Spitzname der Stadt durch das NBA Team Charlotte Hornets)  zu ziehen.

Joeyseck – Es gab auch immer wieder Gerüchte das der Wechsel nicht nur sportlich motiviert war sondern auch finanzielle Gründe hatte und es gab Gerüchte um das Team und den Trainer in Kansas. Wie gehen Sie mit solch einer Kritik um?

Die Medien schreiben und sagen viel. Wichtig ist, dass ich mich wohl fühle und dazu finde ich hier in Charlotte die perfekten Bedingungen. Ich bin keiner der Nachtritt oder Interne an die Öffentlichkeit weiter trägt, daher bleiben solche Gerüchte Spekulationen. Ich sage nur so viel. Es war Zeit den nächsten Schritt zu machen.

Joeyseck – Nichts desto trotz ließt sich ihre erste Saison in Charlotte wie im Bilderbuch. Nur die Krönungen fehlte. Sehen wir das richtig?

Natürlich war das Ziel es in die Top 20 und zu den NCAA´s zu schaffen, doch daran bin ich leider knapp gescheitert. Nichts desto trotz bin ich sowohl über 60m Hürden in der Halle in 8,35 sec. neue PB gelaufen als auch draußen über 110mH eine Riesen PB von 14,44 sec. folgen lassen. Ich bin insgesamt 6 mal unter meine PB aus dem letzten Jahr geblieben.

Joeyseck – Sie sind sowohl indoor als auch outdoor in das All-Region Team gewählt worden und war SAC Conference Athlete of the Week.

Das sind tolle Ehren, die die harten Arbeit bestätigen. Doch der dank gilt in erster Linie dem Trainerstab und meinen Teamkollegen die mich in diese Situation gebracht haben und den Weg geebnet haben. Nicht zu vergessen meine Familie und Freunde die mich auf all meinen Wegen begleiten.

Joeyseck – Die Statistiken über die kurz Hürden lesen sich her vorragend, doch Sie sind auch über 400m Hürden eingesetzt worden. Nicht Ihre Lieblings Strecke

Das ist die Entscheidung des Trainers.

Joeyseck – Sie sind außerdem überraschend nicht in den WM Kader von Jogi Löw berufen worden. Was sagen Sie dazu?

Das ist die Entscheidung des Bundestrainers und des Trainerstabs. Die Entscheidung habe ich zu akzeptieren und wünsche der Mannschaft alles gute. 

Joeyseck – Da Sie jetzt nicht nach Brasilien reisen müssen steht Ihnen ein freier Sommer vor der Haustür. Was sind die Pläne?

Erst einmal wird sich in der kommenden Woche ausgeruht und akklimatisiert, bevor dann an der Bar so langsam das Pensum wieder hoch gefahren wird. Danach werde ich mich gemeinsam mit meinem Trainer hinsetzten und besprechen wie wir die Deutschen Meisterschaften Ende Juli angehen werden. 

Joeyseck – Bevor sie in den Fliege nach Atlanta steigen, wollen wir Ihnen noch kurz einen Tipp für die WM entlocken?

Germany schlägt USA 5-2. Denn den „shit storm“ auf meiner facebook Seite möchte ich mir nicht ausmalen, der im Falle eines USA Siegs dort ausgelöst werden würde. 

Joeyseck bedankt sich für das Interview und wünscht einen guten Rückflug.

Living the NBA Life

11 Mai

Reisen, Schlafen, Rennen, Reisen, Schlafen, Rennen, Reisen, Schlafen, Rennen. In 3 Tagen und über 1500 km durch den Süden der USA.

Was in der NBA zur Tages Ordnung gehört, gab es auch bei uns an diesem Wochenende um dem ganzen noch mal eine Chance zu geben. Am Donnerstag ging es runter nach Florida an die Florida State University, um dann unmittelbar nach dem Wettkampf durch die dunkle Freitag Nacht zu fahren um Samstags Mittag an der University of Georgia zu laufen und heute habe ich noch einmal die Spikes geschnürt um es noch ein allerletztes mal in North Carolina zu versuchen. Die Jagd nach Bestzeit um zurück in die Top 20 zu laufen.

Los ging es mit dem Freitag Abend Wettkampf unter Flutlicht an der Florida State. Eine absolut überragende Atmosphäre an einer der Top Leichtathletik Unis des Landes. An der von Palmen gesäumten Bahn gab es bei schweißtreibenden 28 Grad die ein oder andere Überraschung. Als ich beim Aufwärmen nach der dritten Hürde auslief musste ich auf einmal stoppen weil dort ein mir doch bekanntes Gesicht auf der Bahn saß und mich anguckte. Es war FSU Alumni und Belgiens 400m Star Kevin Borlee der später am Abend seinem Zwillingsbruder über 200m zu guckte. Ich musste mich zusammen reißen nicht wie ein Mädchen bei Justin Bieber los zu schreien. Doch danach ging es konzentriert über die Hürden zur Sache. Nach sehr schlechter Reaktionszeit und erster Hürde, einem aber sonst anständigen Rennen kickte ich das Wochenende in 14,62 sec. (+1.8m/sec.) auf. Abgesehen von dem Ergebnis war dies wohl der coolste Wettkampf den ich je laufen durfte. Diese besondere Florida Atmosphäre war schon stark.

Nach dem mich noch am selbigen Abend unser Co-Trainer 15 min. unter höllischen Schmerzen ausgedehnt hatte, ging ich den nächsten Tag knapp 450 km nördlich wieder frisch an den Start. Doch diesmal sollte ich nicht langsam reagieren, sondern nach dem zweiten Schritt einbrechen und die letzte Hürde kaputt treten. Doch was eine Konstanz, trotz Fehler 14,63 sec. (+0.01m/sec.) zu laufen. Zwar immer noch nicht die erwartete 14,30er Zeit um meinen Top 20 Platz zurück zu erobern.

Doch Fehler kann man abstellen und verbessern wenn man sie kennt. Also habe ich es heute noch einmal versucht. Nach dem ich mich sehr gut über Nacht erholen konnte, ging es heute Mittag nochmals unter perfekten Bedienungen aus dem Block. Guter Start und erste Hürde. Doch zum Ende des Rennens fehlte mir dann doch ein bisschen die endgültige Power und Frische, so dass die Anzeigetafel 14,61 sec. anzeigte. Da lag ich nun, alle vieren ausgestreckt, auf der Bahn und wusste das es das gewesen war.

Was eine unglaubliche Konstanz, die leider an diesem Wochenende nicht zum großen Ausreißer nach oben gereicht hat. So beende ich meine dritte US-College Saison mit einer neuen PB von 14,44 sec. auf dem 24. Platz in der NCAA Divison II und verpasse den ganz großen Tanz bei den National Championships um unglaublich knappe vier Plätze oder 6/100 sec.. Natürlich bin ich enttäuscht das es am Ende einer unglaublich geilen Saison nicht ganz gereicht hat. Doch wenn mir jemand im Herbst gesagt hätte das ich am Ende der Saison 24. in der USA bin und 14,44 sec. laufe hätte ich das in das Land der fabeln abgetan. Ich habe 6 mal den B-Standard  für Nationls unterboten, bin 6 mal Schneller gelaufen als meine PB aus dem letzten Jahr und oben drauf habe ich mir noch die Quali für die DM der Männer in ULM ende Juli geschnappt. Das muss doch ein Film sein, dass ein weiterer Traum Realität wird und das nach dem ich nach dem Kreuzbandriss vor 4 Jahren dachte, dass es das gewesen sei.

Alles in allem kann ich also sagen das es im Grunde eine Hammer Saison war die meine kühnsten Erwartungen doch übertroffen hat und die ich im nächsten Jahr zum krönenden Abschluss in den USA noch einmal toppen werde!

„Vorlesungsfreie Zeit“ Nenne Ich Es Mal

6 Mai

Was macht ein student-athlete in den USA eigentlich so bald die sorglose Vorlesungsfreie Zeit begonnen hat? Was passiert zwischen den Schlaf und Essens Einheiten? Natürlich wird Trainiert unter der prallenden Sonne Charlottes. Ich will hier gar nichts schön reden, doch zur Zeit gibt es nur Ruhe und Training. Alles oder nichts! ALLES ODER NICHTS!

Hürden Warm-Up by Bill Kiser

Queens men's track athlete Johannes Riemann stretches before a recent practice session at Myers Park High School. CREDIT: Bill Kiser

Queens men’s track athlete Johannes Riemann stretches before a recent practice session at Myers Park High School. CREDIT: Bill Kiser

Queens men's track athlete Johannes Riemann stretches before a recent practice session at Myers Park High School. CREDIT: Bill Kiser

Queens men’s track athlete Johannes Riemann stretches before a recent practice session at Myers Park High School. CREDIT: Bill Kiser

As Queens track coach Jim Vahrenkamp, right, looks on, Queens men's track athlete Johannes Reimann, left, works on his hurdling technique during a recent practice at Myers Park High School. CREDIT: Bill Kiser

As Queens track coach Jim Vahrenkamp, right, looks on, Queens men’s track athlete Johannes Reimann, left, works on his hurdling technique during a recent practice at Myers Park High School. CREDIT: Bill Kiser

Queens men's track athlete Johannes Reimann works on his hurdling technique during a recent practice at Myers Park High School. CREDIT: Bill Kiser

Queens men’s track athlete Johannes Reimann works on his hurdling technique during a recent practice at Myers Park High School. CREDIT: Bill Kiser

Queens men's track athlete Johannes Reimann works on his hurdling technique during a recent practice at Myers Park High School. CREDIT: Bill Kiser

Queens men’s track athlete Johannes Reimann works on his hurdling technique during a recent practice at Myers Park High School. CREDIT: Bill Kiser

Die schnellsten 15 min. meines Lebens

2 Mai

Während die Flure in meinem Studentenwohnheim so langsam immer leerer werden, der Abfall sich in den Aufenthaltsräumen stapelt, und die Toiletten nur noch alle zwei Tage geputzt werden, befinden wir uns noch mitten in der Saison während der Großteil der Studenten schon ihren Sommer genießen. Doch genießen tue ich diese Zeit auch mehr als Urlaub. Ich kann schlafen, Filme gucken, und einmal am Tag darf ich raus zum Training bei fast 30 Grad in der Sonne. Ab und an wird das ganze dann immer wieder auch mal von einem Wettkampf unterbrochen. So auch gestern…

Der 12. Mai ist Stichtag. Noch bin ich in den Top 20 und das will ich auch am 12. Mai noch sein, daher nehmen wir gerade jede Möglichkeit wahr zu rennen um den Druck auf die anderen zu erhöhen und meine Position zu verbessern. Gestern bin ich daher die schnellsten 15 min. meines Lebens gelaufen, um einen weiteren Versuch zu vagen meine Position auszubauen. Keine Angst an einen 5000-er in 15 min. werde ich mich so schnell nicht ran wagen, das überlasse ich anderen.

Daher bin ich mal wieder über die alt bekannte Strecke über 10 Hürden an den Start gegangen beim kleinen aber sehr schnellen Liberty Twilight vor der atemberaubenden Berg Kulisse in Virginia. Den Vorlauf habe ich nach langsamen Start mit 14,66 sec. absolviert. Es war kein gutes Rennen. Langsamer Start. Langsam über der Hürde und zum ende auch noch klein geworden und ein paar Hürden leicht mit genommen. Dafür war die Zeit jedoch voll in Ordnung. Doch keine 15 dubiosen Minuten rief man uns für das Finale zusammen. Bei reichlich Rückenwind und noch außer Puste standen wir wieder hinten den Blöcken. Guter Start und gute erste 5 Hürden. Aggressive zwischen den Hürden und schnell über der Hürde, doch dann ab Hürde 7 hat mich die nicht vorhandene Pause eingeholt. Die letzten vier Hürden habe ich allesamt entweder mit meinem Schwungbein, Nachziehbein oder beidem abrasiert und ab und an habe ich mich auch mal mit meinem Allerwertesten drauf gesetzt. Einfach nur noch ins Ziel kommen war die Devise. Das ich trotz eines technisch total unsauberem Laufs und mit der kurzen Pause noch 14,61 sec. gelaufen bin, macht mir Mut für das kommende Wochenende und den drei Wettkämpfen in drei Tagen Trip.

Natürlich wäre ich gerne wieder Bestzeit gelaufen und hätte mich besser positioniert im Kampf um die Nationals, doch weiß auch ich das ich nicht jedes Wochenende solche Zeiten raus haue, gerade mit den Reise Strapazen und den wenigen Trainingseinheiten in der letzten Woche. Die Bedingungen waren zwar optimal, doch ich war nicht optimal. Das ich dafür noch die noch die zweit und dritt schnellste zeit meines Lebens raus haue, gibt mir eine menge Motivation und die nötige Lockerheit für das nächste Wochenende.

Ab jetzt ist es egal wo ich in der Liste stehe, was die Konkurrenz läuft oder wie der Wind bläst. In den kommenden 9 Tagen zähle nur noch ich und zwar nur ICH!